Mittwoch, 17. Oktober 2012

Auf auf in ein neues Zeitalter!

Und so verging der Sommer den ich vorbeiziehen lassen wollte. Tage, Wochen, Monate vergingen wie im Flug. Kein einziges Mal tauchte bei mir der zwanghafte Wunsch nach einer weiteren künstlichen Befruchtung auf. Ich dachte wohl darüber nach, aber ich hatte so viele andere Dinge im Kopf, dass ich weder Zeit noch Lust dazu verspürte. Irgendwie machte mich das stutzig. Ich war wohl froh über diese angenehme Wandlung meines Lebens, aber so richtig glauben konnte ich es nicht. Zu Beginn dieser „ich geh es jetzt ganz locker an“-Phase dachte ich noch, dass ich mich selbst belügen würde. Dass ich mir unbewusst einredete, dass unser Wunschbaby nicht mehr im Vordergrund unseres Leben stünde. Aber je länger ich darüber nachdachte, desto mehr viel mir auf, dass es tatsächlich so war. Das kam ja auch nicht von heute auf morgen. Das war immerhin ein langer, um nicht zu sagen elendslanger Prozess. Viele schlaflose Nächte, viele Gespräche mit Hasi und noch viel mehr mit mir selbst.

Der Wunsch nach einem Baby ist natürlich immer noch da, aber ich habe einfach begriffen, dass wir nichts erzwingen können. Wir könnten noch zwanzig Versuche starten. Irgendwie ist scheinbar unser richtiger Zeitpunkt noch nicht gekommen. Warum? Tja, das kann ich auch nicht beantworten. Verunsichert es mich? Nein, nicht mehr wirklich. Ich vertraue einfach darauf, dass auch unser Wunsch sich irgendwann erfüllen wird. Unser Wunsch von unserer kleinen Familie.

In unseren endlos langen Gesprächen haben wir uns sehr viele Fragen gestellt. Warum wird das nichts? Warum ist der erste Versuch dermaßen ausgeartet? Warum stehen auf beiden Seiten die Zeichen eher schlecht ein Baby zu bekommen (Eileiter, Spermienquantität)? Passt bei uns vielleicht einfach die „Chemie“ nicht um ein Baby zu zeugen? Sind wir wirklich bereit für ein Baby? Warum wollen wir ein Kind? Wären wir in unserem weiteren gemeinsamen Leben auch ohne Kind glücklich? Würden wir zusammenbleiben? Oder würden wir totunglücklich werden und uns über kurz oder lang voneinander entfernen und sogar trennen? Wären wir wirklich gute Eltern? Hat das Schicksal etwas anderes mit uns geplant? (ja sogar auf solche spirituellen Fragen kamen wir)? Wenn ja, was? Reden wir uns nur ein, dass zur Zeit alles einfacher, leichter funktioniert? Wären wir geduldig genug um auf eine natürlich eintretende Schwangerschaft zu warten? Sollten wir einen weiteren Versuch wagen? Wenn ja, wann? Wie lange würden wir uns Zeit lassen? Wann würden wir unserem Wunsch ein Ende setzen?

Die Fragerei nahm gar kein Ende mehr. Aber wir konnten uns die wichtigsten aller Fragen Gott sei Dank (zu vollster Zufriedenheit beider Seiten) beantworten.

Ja, wir würden auch weiterhin versuchen unseren Wunsch real werden zu lassen. Warum auch nicht? Wir wollen ein Baby. An dem hat sich nichts geändert. Und natürlich würden wir uns ganz besonders freuen, wenn es auf natürlichem Weg klappen würde (ich schließe da gar nichts aus). Aber wir mussten uns natürlich auch mit dem Fall der Fälle auseinandersetzen. Was ist, wenn wir nie ein Baby bekommen könnten? Es wäre sicher nicht immer einfach, aber wir würden auf jeden Fall zusammenbleiben wollen. Wir lieben uns und warum sollte unsere Liebe nicht kinderlos weitergeführt werden? Wir sind uns unserer Sache ganz sicher. Unsere Beziehung ist schon seit so vielen Jahren einfach nur traumhaft. Das lasse ich mir nicht einmal von meinem Kinderwunsch nehmen.

 
Vor langer Zeit habe ich mich einmal gefragt, was ich mit meinem Leben anfangen würde, wenn ich kein Kind bekommen könnte. Damals ist mir nichts wirklich Sinnvolles eingefallen. Ein tolles Auto? Nett. Reisen? Schön, aber auch nicht immer. Kariere? Wer braucht Kariere? Ein großes Haus? Blabla. Mir fiel nichts ein was ich mit meinem restlichen Leben ohne Kind anfangen sollte. Traurig. Jetzt wo mir das bewusst wird, erschüttert mich das. Mir wird jetzt erst die Intensität meiner Verzweiflung bewusst.

Doch das war.

Ich fühle mich richtig dumm bei dem Gedanken, dass wir unser Lebensglück in den letzten Jahren nur von meinem Zyklus abhängig gemacht haben.

Heute habe ich es geschafft, mein Leben nicht verzweifelter Weise anhand eines Kindes für gut oder schlecht zu befinden.  Ich identifiziere mich nicht mehr als Gebär-Mutter. Ich sehe es nicht mehr als meine verdammte Pflicht an um jeden Preis ein Kind zu bekommen. Ohne Rücksicht auf meine eigene Gesundheit. Der Wunsch ist immer noch da. Ja, ich wünsche mir von Herzen ein Baby. Wir wünschen uns von Herzen ein Baby. Wir wären tolle, liebevolle Eltern. Der kleine Zwerg hätte es wunderschön bei uns. Denn er würde Eltern bekommen die ihn aus tiefstem Herzen lieben. Die sich aus tiefstem Herzen lieben.

Es wird sich zeigen. Ich habe ein gutes Gefühl bei dieser Babysache. Und ich freue mich riesig auf den Zeitpunkt, der unser absolutes Wunschkind für uns bereit hält. Er wird schon kommen. Ich werde es erwarten können.

Ich bin wirklich stolz auf uns. Auf unsere Beziehung die nicht zerbrochen ist sondern intensiver wurde denn je. Ich bin stolz auf unseren Zusammenhalt. Auf unseren Kampfgeist. Ich bin stolz auf unseren scheinbar bestandenen Lernprozess.

Ich bin stolz auf uns, als Paar.

Denn wir haben es geschafft, dass ein Baby nicht mehr unseren Lebenssinn ausmachen würde, sondern das Sahnehäubchen auf unserem ohnehin tollen, gemeinsamen Leben wäre.
 
(ABER: ich stehe nunmal auf Sahnehäubchen....und deshalb lässt man natürlich nichts unversucht...aber mehr dann ein anderes Mal)